Im Jahr 2010 machte die Lebensschule in Neusiedl/See bundesweit Schlagzeilen. Der Human-Resources-Manager Heinz Herczeg, damals 46, gründete eine private Bildungseinrichtung (Kindergarten und Volksschule). Als Privatmann auf eigene Rechnung, mit viel Herzblut und im Austausch mit renommierten Bildungsexperten. Seine Vision war eine Schule, die Kinder ernst nimmt, die ihre Talente fördert, die sie fit und selbstbewusst für die Wirtschaft und das Leben macht. Eine „Lebensschule“, ganz wörtlich gemeint.
Um es vorwegzunehmen: Die Idee war gut, aber die Welt noch nicht bereit. Oder zumindest das Burgenland nicht. Dazu später mehr.
Damit im September 2010 für siebzehn Kinder der erste Tag in der Lebensschule beginnen konnte, investierte Herczeg neben viel Arbeit auch private Rücklagen. Mangels Hilfe von Gemeinde und Land bezog die Schule ihr Quartier erst einmal in blauen Containern. Neben einer Volksschule, die altersübergreifend von der 1. bis zur 4. Klasse alle Kids gemeinsam unterrichtete, gab es auch einen Kindergarten. Im Kindergarten wie in der Volksschule bekamen die Kinder eine Betreuung nach den neuesten pädagogischen Erkenntnissen.
Fremdsprachen waren besonders wichtig, schließlich liegt Neusiedl/See nur einen Steinwurf von Ungarn und der Slowakei. Das wirklich Neue war aber der ganzheitliche Ansatz, dass Kinder ihre Stärken erkennen und ausbauen sollten. Die Kinder lernten eigenverantwortlich, nach dem Modell „Kompetenz Lernen®“ des Bildungsexperten Michael Lemberger. Sie sollten nicht, wie sonst im Schulsystem, über ihre Schwächen grübeln müssen, sondern ihre Begabungen erproben und nutzen. Kinder sollten in der Schule „kleine Unternehmer:innen“ werden und danach mutig durchs Leben gehen. „Hier wird Schulgeschichte geschrieben“, sagte damals eine Lehrerin.
Der Schulqualitätsmanager Alfred Lehner, ein Verbündeter von Herczeg, sieht auch heute noch einen falschen Fokus im Schulsystem: „Wenn ein kleines Entlein in die Schule kommt und gut schwimmen kann, dann kommen die Lehrer und rügen: ‚Du kannst aber nicht gut laufen und nicht fliegen, und das werden wir jetzt ewig trainieren.‘ Dann wird das Entlein am Ende weder laufen noch fliegen können und sogar noch das Schwimmen verlernen.“
Ich habe viele Konzepte von Heinz Herczeg, die er 2010 schon umgesetzt hatte, später selbst an meiner Schule erfolgreich erprobt.
Alfred Lehner, Schulqualitätsmanager und ehemaliger Direktor der NMS Markt Allhau
Und dennoch war der Schule, trotz modernster Konzepte und mutiger Pädagoginnen, nur eine kurze Lebenszeit beschieden. Im Februar 2011, nach einem Semester, war Schluss. Die „Lebensschule“ als Institution war damals, als eine große Institution als Investor sich zurückzog, nicht finanzierbar.
Rund 200.000 Euro hat Herczeg privat in seine persönliche „Schulreform“ gesteckt. Er kann heute darüber lächeln. Denn aus dem teuren Experiment sind Ideen entstanden, die viele seiner heutigen „Erfindungen“ und Projekte mit Leben erfüllen: „Life Champion“, „My Job Adventure“, „Jobselling – Storytelling“ – and more to come.
Und übrigens: Auf dem Gelände der Lebensschule steht heute eine ausgelastete Waldorfschule mit Kindergarten, Volksschule und Unterstufe Mittelschule. Die gesamte Infrastruktur hat Herczegs Verein den Betreibern kostenlos überlassen, als „Fundament“ sozusagen.